Domain-bezogene GPAI-Modelle und der EU AI Act

Lesedauer 10 Minuten

Die meisten denken beim Begriff „GPAI-Modelle“ vor allem an openAI, Llama, Aleph Alpha, Mistral & co. Doch die potenzielle Bandbreite an KI-Modellen, die als GPAI unter den EU AI Act fallen könnten, ist viel größer. So gibt es eine Reihe großer Domain-bezogener Foundation-Modelle für Medizin, Finance, Recht, Kreativität oder Kundenservice. Die regulatorischen Grenzen zu GPAI-Modellen erscheinen dabei als fließend.

EU AI Act - CAIR4.eu
  • Große Domain-bezogene Foundation-Modelle könnten im Einzelfall als GPAI-Modell i.S.d. EU AI Acts anzusehen sein.
  • Eine Liste medizinischer, finance-bezogener, juristischer sowie kreativer Foundation-Modelle verdeutlicht die Herausforderung.
  • In Anbetracht schneller Innovationszyklen werden die Herausforderungen der Abgrenzung mitwachsen.
  • Mehr Rechtsklarheit ist nicht nur für Anbieter von Foundation-Modellen, sondern auch für Anbieter von KI-Systemen von Bedeutung.

Normen zu diesem Beitrag, u.a.:

  • Artikel 2 EU AI Act
  • Artikel 3 EU AI Act
  • Artikel 6 EU AI Act
  • Artikel 10 EU AI Act
  • Artikel 53 EU AI Act.
  • Artikel 55 EU AI Act
  • Artikel 56 EU AI Act
  • Artikel 72 EU AI Act
  • Anhang XI EU AI Act

Große Vielfalt an GPAI-Modellen?!

Es gibt eine Vielzahl von Foundation-Modellen mit weit gefächertem Verwendungszweck für die Fachdomänen Medizin, Finance, Recht, Cyber Security, Umwelt, Logistik, Robotik, Kundenservice etc.

Unter welchen Voraussetzungen könnten entsprechende Foundation-Modelle als GPAI-Modell i.S.d. EU AI Acts angesehen werden? Die Konsequenzen wären beachtlich:

  • Die Anbieter müßten die Transparenzverpflichtungen in der Lieferkette erfüllen, siehe Artikel 53 EU AI Act.
  • Für sie wären die in kürze erstellten GPAI-Praxisleitfäden von Bedeutung, siehe Artikel 56 (9) EU AI Act.
  • Last not least sollten sie auch Anhang XI genauer betrachten.

Die Abgrenzung ist nicht einfach: So, wie viele GPAI-Modelle (auch) Fachauskünfte geben können, so sind viele Domain-bezogene Foundation-Modelle (auch) in der Lage, allgemeine Use Cases mit abzudecken. Die Grenzen beider Welten erscheinen fließend wie die nachfolgende, stark vereinfachende Grafik verdeutlicht.

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Im Fokus dieses Artikels steht die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Domain-bezogenes Foundation-Modell zum GPAI-Modell werden könnte. Die sich daraus ergebenden Rechtsfolgen können in diesem Beitrag nur angedeutet werden. Konsequenz hat das Thema u.a. für die Anbieter von KI-Systemen, die Domain-bezogene Foundation-Modelle einbinden: Nur wenn diese als GPAI-Modelle i.S.d. EU AI Acts zu klassifizieren sind, haben die Anbieter des KI-Systems den gesetzlich garantierten Einblick in dessen Funktionsweise. Umgekehrt werden sie bei GPAI-Modellen zu deren nachgelagerten Anbieter – und sie müssen die diesbezüglichen Pflichten erfüllen.

1. Führende GPAI-Tools sind sich sicher …

Um mit einem Test zu beginnen: Befragt man die führenden GPAI-Tools, ob es in den Fachdomänen Medizin, Finance, Recht etc. „GPAI-Modelle“ gibt, dann lautet die Antwort eindeutig „Ja!“. Anschließend wird nicht nur eine lange Liste entsprechender Anbieter präsentiert (über 40 …). Es wird auch genau begründet, warum jedes einzelne KI-Modell auf der Liste tatsächlich ein „GPAI-Modell“ ist!

1.1 Was ist ganz grundsätzlich ein GPAI-Modell?

Gemini, ChatGPT 4o und Copilot sind sich weitgehend einig, was jenseits aller Definitionen des EU AI Acts unter einem GPI-Modell zu verstehen ist:

Zu den wichtigsten Merkmalen von GPAI-Modellen gehören:

  1. Vielseitigkeit: Die Fähigkeit, das Modell auf eine Vielzahl von Aufgaben in verschiedenen Branchen oder Sektoren anzuwenden, wie z. B. im Gesundheitswesen, im Finanzwesen, im Kundendienst und in anderen Bereichen.
  2. Anpassungsfähigkeit: Die Fähigkeit, sich mit wenig oder gar keinem zusätzlichen Training oder mit verallgemeinerbarem Wissen, das fein abgestimmt werden kann, an neue Aufgaben oder Bereiche anzupassen.
  3. Skalierbarkeit: Das Potenzial, die Anwendung des Modells von kleinen auf große Datensätze oder von einer auf mehrere Aufgaben zu skalieren.
  4. Integration: Die Fähigkeit, sich in bestehende Systeme in verschiedenen Bereichen zu integrieren und Einblicke, Automatisierung oder Optimierung zu bieten, ohne dass für jede Aufgabe spezielle Modelle erforderlich sind.

Anhand dieser Definition habe ich Anbieter identifiziert, die KI-Modelle oder -Plattformen anbieten, die in der Lage sind, verschiedene Herausforderungen in unterschiedlichen Bereichen zu bewältigen, z. B. im Gesundheitswesen, im Finanzwesen, im Rechtswesen, in der Kreativwirtschaft, im Bildungswesen, im Kundendienst, in der Fertigung, in der Umweltwissenschaft, in der Sicherheit und im Transportwesen. Diese Anbieter nutzen GPAI-Modelle, um Lösungen zu liefern, die nicht auf einen einzigen Bereich beschränkt sind, sondern in mehreren Bereichen angewendet werden können, was den breiten Nutzen ihrer KI-Technologien unterstreicht.

1.2 Industrie und/oder Sektoren-übergreifend?

Bei der Definition ist Punkt 1 besonders wichtig:

  • Danach werden verschiedene „Industrien“ ebenso wie verschiedene „Sektoren“ genannt. Innerhalb einer Domäne sind viele Sektoren möglich. Cross-Sektor-KI ist demnach auch eine Variante von GPAI.
  • Innerhalb eines Sektors sind die Grenzen auch durchaus fließend, z.B. in der Medizin mit den Sektoren Krankenhäuser, niedergelassene (Fach-)Ärzte, Pflege, Apotheken, Pharma-Industrie, MedTech, Versicherer, Sport und Wellness und last but not least den Patienten.
  • Würde ein Domain-bezogenes Foundation-Modell von allen Unternehmen eines bestimmten Sektors verwendet, dann sollte man vermuten, dass dies den Schutzzweck des EU AI Acts tangiert. Erst recht dann, wenn es Domänen mit wichtiger systemischer Bedeutung sind wie das Finanzwesen, die Medien oder die Gesundheitswirtschaft.

1.3 GPAI-Modelle und Knowlegde Graphs

Die ohnehin schwierige Abgrenzung von GPAI-Modellen und Domain-bezogenen Foundation-Modellen wird durch die potenzielle Verwendung von Knowlegde Graphs zusätzlich erschwert.

Die Stärke von (meist LLM basierten) GPAI-Modellen liegt in der Fähigkeit, komplexe Zusammenhänge in Texten zu verstehen und zu generieren. Knowledge Graphs hingegen bieten eine strukturierte und leicht zugängliche Wissensbasis.

Durch die Kombination beider Technologien ermöglicht:

  • Genauere Antworten: LLMs können auf die in Knowledge Graphs gespeicherten Fakten zugreifen und somit präzisere und faktenbasierte Antworten geben.
  • Tiefere Einblicke: Durch die Analyse der Verbindungen in Knowledge Graphs können LLMs komplexere Fragen beantworten, die mehrere Schritte der logischen Schlussfolgerung erfordern.
  • Bessere Kontextualisierung: LLMs können den Kontext von Fragen besser verstehen, wenn sie auf die in Knowledge Graphs gespeicherten Informationen zugreifen können.

Eine der zentralen Herausforderungen von Knowledge Graphs liegt darin:

  • Dass diese einerseits als Trainingsdaten verwendet werden können.
  • Andererseits sind sie in vielen Fällen auch kein Bestandteil der Trainingsdaten.
  • Daher können auch Domain-bezogene Foundation-Modelle durch Knowledge-Graphs erweitert werden.

Faktisch wäre also in jedem Einzelfall zu prüfen, wann welche Variante als GPAI i.S.d. EU AI Acts zu bewerten ist.

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Auch dieses Thema kann hier nur angedeutet werden. Bei einer derart speziellen Materie und in Anbetracht der Klarheit der verwendeten Ausgangsdefinition, dürften selbst KI- und juristische Fachexperten zu abweichenden Einschätzungen kommen, ob und wann Domain-bezogene Foundation-Modelle grundsätzlich als „GPAI“ zu bezeichnen wären – unabhängig davon, welche darüber hinaus auch unter die GPAI-Definition des EU AI Acts fallen.

2. Klare GPAI-Modell Definition?

Damit zur Legaldefinition: Artikel 3 Nr. 63 EU AI Act enthält eine Auflistung von Kriterien für GPAI-Modelle:

Für die Zwecke dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck

  • KI-Modell mit allgemeinem Verwendungszweck“ ein KI-Modell
  • — einschließlich der Fälle, in denen ein solches KI-Modell mit einer großen Datenmenge unter umfassender Selbstüberwachung trainiert wird —,
  • das eine erhebliche allgemeine Verwendbarkeit aufweist und
  • in der Lage ist, unabhängig von der Art und Weise seines Inverkehrbringens ein breites Spektrum unterschiedlicher Aufgaben kompetent zu erfüllen,
  • und das in eine Vielzahl nachgelagerter Systeme oder Anwendungen integriert werden kann,
  • ausgenommen KI-Modelle, die vor ihrem Inverkehrbringen für Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten oder die Konzipierung von Prototypen eingesetzt werden.

3. Nähe von GPAI und Foundation Modellen

Offenkundig gibt es eine begriffliche und fachliche Nähe von GPAI-Modellen und Domain-bezogenen Foundation-Modellen, die zumindest aus KI-fachlicher Sicht als GPAI-Modelle angesehen werden können.

Beispiele für die Begrifflichkeit Domain-bezogener Foundation-Modelle:

Dieser Umstand ist die vielleicht wichtigste Ursache für die Notwendigkeit klarer rechtlicher Vorgaben. Sie sind insbesondere für Domain-bezogene Foundation-Modelle erforderlich, die (innerhalb und z.T. außerhalb ihrer Domäne) universell genutzt werden können!

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Es besteht im doppelten Sinne Klärungsbedarf: Einmal im Hinblick auf die positive Klassifikation als GPAI-Modell i.S.d. EU AI Acts. Zum anderen im Hinblick auf den eindeutigen negativen Ausschluss, dass ein beliebiges universell nutzbares KI-Modell kein GPAI-Modell i.S.d. EU AI Acts darstellt.

4. Internationales Verständnis und rasante Innovation

Zwei Punkte müssen an dieser Stelle betont werden:

  • Die begrifflichen Unterschiede resultieren bereits aus der Tatsache, dass der EU AI Act eine nur innerhalb der EU gültige Rechtsnorm ist. Außerhalb der EU können GPAI-Modelle ganz anders definiert werden als im Gültigkeitsbereich des EU AI Acts.
  • Zudem ist rasante Entwicklung aller Arten von KI-Modellen zu beachten. Das ziehen klarer Grenzen wird dabei durch Techniken wie z.B. das Transfered Learning (TLM) immer schwieriger, weil spezifische KI-Modelle von allgemeinen KI-Modellen trainiert werden – und umgekehrt genauso.
  • Früher oder später wird es so im Sinne einer KI-bezogenen „Entrophie“ also einem theoretischen „Gleichgewicht“ aller Arten von Modellen zu einer starken Angleichung kommen können.
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Allein schon aus diesem Grund kann der vorliegende Beitrag keine finalen Antworten bieten. Er soll vielmehr zur Diskussion anregen. Ziel ist es vor allem, dass bei der Erstellung des Code of Practice für GPAI-Modelle bis zum 2. Mai 2025 entsprechende Fragestellungen berücksichtig werden!

5. Dreistufige Klassifikation

Insofern ist es sinnvoll, dass im Hinblick auf die zuvor und im weiteren genannten Beispiele eine ähnliche dreistufige Differenzierung verwendet wird, wie sie u.a. von der Applied AI Initiative im Kontext von Hochrisiko-KI-Systemen genutzt wurde:

In dieser Hinsicht kollidieren die unterschiedlichen Fachsprachen – erst recht in Zukunft:

  • Die KI-Welt bezeichnet manche Angebote aus fachlicher Sicht als „GPAI-Modell“, obwohl es keines i.S.d. EU AI Acts ist.
  • Umgekehrt werden GPAI-Modelle i.S.d. EU AI Acts möglicherweise nicht als solche von ihren Anbietern erkannt oder bezeichnet. Z.B. weil eine rein Domain-bezogene Sicht haben.
  • Leidtragender ist nicht zuletzt der Anbieter des KI-Systems, in dem die unterschiedlichen Varianten integriert sind: Er trägt die Gesamtverantwortung – auch für alle integrierten KI-Modelle, egal ob GPAI oder nicht.
  • Daher muss er im Zweifel auch hohes Interesse daran haben, möglichst viele Detailinformationen der Modell-Lieferanten zu erhalten.
  • Lediglich bei GPAI-Modellen i.S.d. EU AI Acts bestehen umfassende Transparenzpflichten. Bei allen anderen KI-Modellen bestehen diese nur bedingt. Oft sind sie reine Verhandlungssache.

6. Sich daraus ergebende Fragen

Aus der obigen Definition resultieren aus juristischer Sicht wenigstens drei Fragen:

  1. Was ist ganz allgemein ein „KI-Modell“?
  2. Was versteht man unter „allgemeiner“ Verwendbarkeit und wann ist sie „erheblich“?
  3. Wann wird ein „breites Spektrum“ von unterschiedlichen Aufgaben „kompetent“ erfüllt?

In Anbetracht der oben genannten Domain-bezogenen Nutzung des Begriffs „Foundation Modell“ stellen sich diese Fragen für jede Domaine, ihre Use Cases und angrenzende Industrien und Sektoren potenziell anders.

Anbei eine Übersicht aller relevanten Aspekte:

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Die Grenzen zwischen den Domänen sind z.T. fließend. Bestimmte KI-Modelle sind daher auch in der Lage, mehrere Fachbereiche abzudecken. Schon das allein könnte sie zu GPAI-Modellen machen, u.a. in der Bildung, der Innovation, der Cyber Security oder der Juristerei. Umso wichtiger sind klare Kriterien, die der KI-Praxis ermöglichen, eigene fachliche Einschätzungen mit juristischen Vorgaben verläßlich abzugleichen.

7. Wie sehen die Antworten aus?

Der EU AI Act selbst liefert keine genauen Anhaltspunkte. Zwar widmen sich Ziffer (97) und (111) dem Thema „GPAI“. Zudem finden sich in Artikel 3 Nr. 64 ff. EU AI Act spezifische Definitionen. Diese beziehen sich jedoch häufig auf GPAI-Modelle mit systemischen Risiko. Dies ist eine Sondervariante – nicht die Regel im Hinblick auf die GPAI-Modelle, die bereits von Artikel 53 EU AI Act erfaßt sind.

Daher ist es wichtig, dass die Fragen nach Möglichkeit durch Leitlinien konkretisiert werden. Insbesondere die Erstellung des Code of Practice für GPAI-Modelle ist diesbezüglich als Chance zu nennen. Daher sei auf folgenden CAIR4-Artikel verwiesen, der sich umfassend dieser Herausforderung widmet.

Details zur Frage, was KI-Modelle i.S.d. EU AI Acts sind, finden sich in diesem Beitrag:

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Im vorliegenden Beitrag soll vor allem verdeutlicht werden, welche Domain-bezogenen Foundation-Modelle als GPAI-Modell unter den EU AI Act fallen könnten. Dabei ist es egal, ob sie aus der EU oder aus einem Drittland stammen: Wichtig ist allein, ob sie in der EU angeboten werden (siehe Artikel 2 EU AI Act).

8. Konkrete Beispiele

Nachfolgend werden vier von vielen möglichen Domainen mit entsprechenden Lösungen näher beleuchtet – der Medizin, dem Finance-Bereich, der Juristerei und der Kreativwirtschaft:

  • Die dabei aufgelisteten Angebote sind exemplarisch und keinesfalls abschließend.
  • Zudem kann an dieser Stelle nicht sicher gesagt werden, ob es sich am Ende wirklich um „GPAI-Modelle i.S.d. EU AI Acts“ oder doch „nur“ um „sonstige KI-Modelle“ handelt.
  • Wichtig ist, dass die genannten Anbieter Domain-spezifische KI-Services anbieten, die u.a. als KI-Modell in verschiedene KI-Systeme mit variierdendem Zweck integriert werden können.
  • Einige der Services sind auch nicht mehr am Markt – sie dienen gleichwohl als Anschauungsbeispiel für die Herausforderung!
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Bei einigen der nachfolgenden Beispielen scheint es vergleichsweise wahrscheinlich, dass sie GPAI sind. Bei anderen ist dies weniger der Fall. Was im Einzelfall zutrifft soll an dieser Stelle nicht weiter vertieft werden. Jeder kann hier seine eigene Einschätzung vertreten!

8.1 Medizinische Foundation-Modelle

Folgende medizinische Foundation-Modelle könnten GPAI-Modelle i.S.d. EU AI Acts sein:

  • IBM Watson Health: War ein Angebot für KI-gesteuerte Lösungen für medizinische Diagnostik, Behandlungsempfehlungen und Forschung.
  • Google Health (Med-PaLM): Konzentriert sich auf KI in der medizinischen Bildgebung und der Analyse von Gesundheitsdaten.
  • PathAI: Spezialisiert auf KI-gestützte Pathologieanalysen für die Krebsdiagnose.
  • Zebra Medical Vision: Bietet KI-Modelle für die Analyse medizinischer Bildgebung bei einer Vielzahl von Erkrankungen.
  • Tempus: Nutzt KI zur Personalisierung der Krebsbehandlung durch Analyse klinischer und molekularer Daten.
  • Infermedica: Bietet KI-gestützte Lösungen für die medizinische Diagnose und Patiententriage.
  • Ada Health: Entwickelt eine KI-gestützte Plattform zur Gesundheitsbewertung, die personalisierte Gesundheitsinformationen bietet.
  • CureMetrix: Spezialisiert auf KI in der medizinischen Bildgebung, insbesondere in der Mammographie.
  • Icometrix: Nutzt KI, um MRT- und CT-Scans des Gehirns auf neurologische Erkrankungen zu analysieren.
  • Luscii: Bietet eine KI zur Diagnose verschiedener Krankheiten.

8.2 Financial Foundation-Modelle

Folgende Financial Foundation-Modelle könnten GPAI-Modelle i.S.d. EU AI Acts sein:

  • Bloomberg: Nutzt KI-Modelle für die Analyse von Finanzdaten und die Erstellung von Nachrichten.
  • BlackRock Aladdin: Eine umfassende Anlageverwaltungsplattform, die KI für Portfoliomanagement und Risikobewertung einsetzt.
  • Kensho (S&P Global): Bietet KI-Lösungen für Finanzanalysen und Markteinblicke.
  • Ayasdi: Spezialisiert auf die KI-gestützte Erkennung von Finanzbetrug und Risikomanagement.
    Numerai: Ein KI-gesteuerter Hedgefonds, der kollektive Intelligenz für Handelsalgorithmen nutzt.
  • Quantexa: Bietet KI-gestützte Lösungen für die Erkennung von Finanzkriminalität und Datenanalyse.
  • Feedzai: Konzentriert sich auf KI für die Aufdeckung von Finanzbetrug und Risikomanagement.
  • Strands: Bietet KI-gestütztes Finanzmanagement und personalisierte Banklösungen.
  • Meniga: Bietet KI-gestützte Lösungen für das persönliche Finanzmanagement und digitales Banking.
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Zusätzlich könnte man sich hier sogar bei einigen dieser Anbieter fragen, ob nicht sogar GPAI-Modelle mit systemischen Risiken vorliegen. Immerhin sind mit hoher Wahrscheinlichkeit weltweit führende Finanzinstitute die Kunden einiger Anbieter.

8.3 Legal Foundation-Modelle

Folgende Legal Foundation-Modelle könnten GPAI-Modelle i.S.d. EU AI Acts sein:

  • ROSS Intelligence: Nutzt KI für juristische Recherchen und die Überprüfung von Dokumenten.
  • Luminance: KI-gestützte Plattform für die Vertragsanalyse und die Überprüfung von Rechtsdokumenten.
  • Kira Systems: Spezialisiert auf KI-gesteuerte Vertragsprüfung und Due-Diligence-Prozesse.
  • LawGeex: Bietet KI für die Automatisierung der Vertragsprüfung, um die Einhaltung rechtlicher Standards zu gewährleisten.
  • Neota Logic: Bietet KI-gesteuerte Lösungen für die Automatisierung juristischer Arbeitsabläufe und Entscheidungsfindung.
  • Ayfie: Spezialisiert auf KI für die juristische Suche und Dokumentenanalyse.
  • ThoughtRiver: Entwickelt KI-gestützte Tools zur Vorabprüfung von Verträgen und zur Risikoanalyse.
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Die juristischen Anwendungsmöglichkeiten für KI-Modelle sind nach der hier vertretenen Auffassung enorm. Man kann sie mit guten Gründen als allgemeine Verwendbarkeit einstufen, da Recht in nahezu allen Lebenslagen eine Rolle spielt: Vom hoch spezfischen Fachbereich bis hin zu Alltagsfragen wie dem Nachbarkeitsstreit. Bietet also ein Rechtsanwalt auf seiner Webseite eine KI-gestützte Auskunft an, die juristische Fragen aller Art in Richtung Bürger ermöglicht, dann ist das „Glas des GPAI-Modells“ im Zweifel „halb voll“ und nicht „halb leer“.

8.4 Sonderfall: Kreative Foundation-Modelle

Der vielleicht wichtigste Sonderfall sind kreativ nutzbare Foundation-Modelle. Sonderfall deshalb, weil gerade die Gefahr von Deep Fakes und Fake News explizit im EU AI Act geregelt ist. Dazu ausführlich dieser CAIR4-Beitrag:

Hier scheint offensichtlich, dass entsprechende Domain-bezogene Foundation-Modelle, z.B. zur Bild und Video-Produktion als GPAI-Modell i.S.d. EU AI Acts anzusehen sind. Das dürfte dann auch Anbieter wie z.B. Adobe Sensei oder RunwayML betreffen.

Und der juristische Rückschluss? Wenn im Kreativbereich Domain-bezogene Foundation-Modelle als GPAI-Modelle klassifiziert werden können, wie können dann die Grenzen in anderen Domänen, z.B. der medizinischen Bildgebung klar gezogen werden?

9. Fazit

Nach der hier vertretenen Auffassung besteht Handlungsbedarf! Es reicht in Anbetracht einer bereits in der KI-Welt etablierten Fachsprache nicht aus, juristische Begrifflichkeiten zu verwenden bzw. zu prägen, die nur bedingt mit der KI-Praxis übereinstimmen.

Nach der hier vertretenen Auffassung wären z.B. Google Health (Med-PaLM), die KI von Bloomberg und Adobe Sensei allein schon aufgrund der enormen Leistungsfähigkeit sowie ihrer universellen Nutzbarkeit als GPAI-Modelle anzusehen (s.o im Sinne von eindeutigen GPAI-Modelle). Nimmt man dies an, wird es umgekehrt immer schwieriger abzustufen, bei welchen der anderen genannten Modelle „nur“ ein sonstiges KI-Modell vorliegt (egal ob eindeutig kein GPAI-Modell oder unklar ob GPAI-Modell):

  • Der Hauptgrund liegt darin, dass mit den zwei zuvor genannten mutmaßlich eindeutigen Domain-spezifischen GPAI-Modellen die Grenzen von „erheblicher allgemeiner Verwendbarkeit“ und „multipler spezifischer Verwendbarkeit“ innerhalb einer Domain und angrenzender Domainen fließend werden.
  • Gerade die juristischen KI-Modelle zeigen, dass sie eine hohe allgemeine Anwendungsbreite z.B. im Vergleich zu Medinizischer oder Finance-bezogener KI haben (Behörden, Kanzleien, Unternehmen, NGOs & more).
  • Wichtig ist dabei vor allem der Schutzzweck des EU AI Acts, der beide Varianten ähnlich kritisch bewerten sollte, also den von „erheblicher allgemeiner Verwendbarkeit“ und „multipler spezifischer Verwendbarkeit“.
  • Nimmt man dies an, wird es auch für alle anderen genannten und nicht genannten KI-Modelle mit vergleichseweise spezifischer Domainnutzung zur Herausforderung, ob und wie weit auch sie als GPAI-Modell i.S.d. EU AI Acts anzusehen sind.

Klare Richtlinien z.B. im Code of Practice für GPAI-Modelle würden diese Einordnung erleichtern.

Links zu den in diesem Artikel erwähnten Normen des EU AI Acts:

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